Zwischen Mut und Furcht: Im Schatten der Repressionen und Queerfeindlichkeit
Nach zwei Jahren harter Auseinandersetzungen fühle ich mich fast wie eine Schwerverbrecherin behandelt. Allein aus meinen vier Protestbeteiligungen aus Mannheim sowie Nürnberg resultierten Strafbefehle – welche alle in den letzten Wochen bei mir ankamen – von insgesamt 220 Tagessätzen, was mich vermutlich letztlich über 3.700 Euro kostet. Die finanzielle Belastung ist enorm, vor allem für jemanden, der sich vollzeitlich für den Klimaschutz einsetzt. Im Sommer bis Herbst 2023 gingen schon 5.631 Euro für Repressionen raus, weitere 4.050 Euro aus 2023 muss ich seit paar Monaten dringend bezahlen, ansonsten droht mir in sehr überschaubaren Zeit 120 Tage Ersatzhaft. Für Transpersonen in dieser gesellschatlichen Stimmung und Rechtslage nicht zu empfohlen.
Bisher liegen die Repressionen für friedliche nicht ignorierbare Proteste bei fast 13.400 Euro. Es stehen noch Protestaktionen in Potsdam, Frankfurt am Main und am BER-Flughafen juristisch aus, bei denen ich mit weiteren 150 bis 250 Tagessätzen rechne. Zusammen mit den bisherigen 490 Tagessätzen wären das insgesamt 640 bis 790 Tagessätze. Bei Nichtzahlung würde dies einer Ersatzhaft von etwa 565 – 615 Tagen für circa 30 friedliche Proteste auf den Straßen, dem Flughafen und im Museum bedeuten.
Aber welche weitere Folgen hat es, wenn man einen nicht ignorierbaren Protest auf den Straßen in Deutschland macht? Und dabei noch für die Gruppe Öffentlichkeitsarbeit betreibt?
Doch nicht nur die finanziellen, sondern auch die sozialen Kosten sind hoch. Als Transfrau und Aktivistin erlebe ich häufig Hass, Diskriminierung und teils üble Nachreden über meine Person, sowohl online als auch bei Protesten. Der Hass, der mir als queere Person entgegenschlägt, hat mich dazu gebracht, meine Teilnahme an Straßenblockaden zu überdenken, besonders als ich realisierte, wie gefährlich die Situation für mich geworden ist.
Es fing bei den Protestblockaden um Ende 2022, anfangs 2023 an, als ich oft gezielt von Autofahrende als erstes bei der Protestgruppe angefeindet und teils körprlich angegangen wurde. Als ich erkannte, dass ich als queere Person den Hass als erste abbekomme, habe ich aufgehört Protestblockaden mitzumachen, da ich auch Angst um mein Leben hatte. Denn vor dem Auto zu stehen oder sich nicht komplett vor Angriffen zu schützen, löst gewaltige Angst aus. Da ich ab diesen Zeitpunkt eine wichtige Person an meiner Seite hatte, fing ich an mich selbst zu schützen und zug mich aus den Straßenblockaden raus.
In letzter Zeit gab es eine Zunahme des Rechtsrucks und der Queerfeindlichkeit. Wegen meiner Bekanntheit durch viele Medienberichte über meinen Aktivismus sowie persönliche Anfeindungen im Internet habe ich abends immer Angst vor möglichen Übergriffen im Dunkeln – ein Problem, dem auch progressive Politiker*innen gegenübersehen müssen. Manchmal denke ich daran, einen Abschiedsbrief für meine wichtigste Person zu schreiben – falls mir etwas zustoßen sollte -, doch vielleicht bin ich auch einfach zu ängstlich eingestellt. Trotzdem halte ich es nicht für klug, leichtsinnig zu sein; besonders allein als queere weiblich gelesene Person an einer U-Bahn-Station oder in einem Park bei Dunkelheit ist dies riskant.
Jedes Mal gerate ich regelrecht in Panik, sobald sich die Polizei rund um mein Miethaus bewegt oder es zum Kontakt mit den Ordnungshütern kommt. Die stete Furcht, die eigene Lebenskontrolle wieder abgebenund somit dem Zwang staatlicher Autoritäten unterliegen zukönnen, begleitet mich fortwährend. Es besteht stets diese Sorge, dass ein bereits bestehender Strafbefehl unverhofft zur Vollstrecksungshaft mutiert und man daraufhin direkt festgenommen wird – wie es am 22. April geschah; einzig durch finanzielle Hilfe des Vereinsfonds von RAZ e.V. konnte meine Freilassung erreicht werden, wodurch eine Organisation an der ersten Demo von Queermany möglich wurde.
Es bedrückt mich, vor Ort bei der Sammelgewahrsamstelle transphobe Strukturen anzutreffen. Ich fürchte, dass alleine auf Grund meiner Trans-Identität anders behandelt werde und somit der Hass gegenüber Aktivist*innen mich als Transfrau besonders hart trifft. Das Schreckenszenario, aufgrund meines juristischen Status oder physischer Erscheinungsmerkmale deswegen irrtümlich in einem falschen Haftanstalt lande – ungeachtet echter Büste durch die dreijährige Hormontherapie sowie weiblicher Geschlechtsidentifikation – bereitet ebenso Unbehagen. Sogar das Risiko, sowohl vom Sicherheitspersonal als auch Mitinhaftierten im Frauengefängnis homophober Feindseligkeit ausgesetzt zu werden, macht mir Kopfschmerzen. Als queere Person spürte ich eine Zunahme der Queerfeindlichkeit innerhalb Deutschlands und veranlasst mich deshalb strikt jedweden Inhaftierungsplatz zu meiden, in dem die Selbstbestimmtheit über das eigene Leben ausbleibt und vor zwei Jahren niemals solche queerphobe Haltung gegenüber Klimaaktivist*innen erwartet hatte.
Dennoch werde ich meinen Aktivismus fortsetzen, jedoch mit einer anderen Herangehensweise als zuvor. Es gilt dringend, die Feindseligkeit gegenüber queeren Personen zu bekämpfen und insbesondere innerhalb der Klimagerechtigkeitsbewegung einen sicheren Raum für queere Menschen mit ähnlichen Ansichten zu schaffen. Es ist erforderlich, dass wir bewegungsübergreifend wie über das Bündis “Stoppt fossile Subventionen” handeln und unsere Solidarität nicht an bestimmte Protestformen knüpfen oder erkennen müssen, dass ziviler Ungehorsam sowie angemeldete Demonstrationen selbst in Großaktionen durchführbar sind. Gemäß den Empfehlungen der Internationalen OECD sollte Deutschland klimaschädliche Subventionen reduzieren, um die erforderlichen Finanzmittel für eine wirtschaftliche Erholung bereitzustellen und können als Klimagerechtigkeitsbewegung daran anknüpfen.
Was haltet ihr davon gemeinsam aktiv für Klimagerechtigkeit einzutreten? Eine Möglichkeit hierfür wäre sich dem Bündnis “Stoppt fossile Subventionen” anzuschließen und die verschiedenen Anliegen wie Queer-Rechte, klimapolitische Maßnahmen sowie soziale Gerechtigkeit wie soziale nachhaltige Wohnungspolitik, nachhaltige solidarische Landwirtschaft und internationale Solidarität miteinander zu verknüpfen. Nicht zu vergessen ist dabei die wichtige Rolle mutiger Aktivist*innen – seien es bei der Bewältigung von Repressionen oder im Hinblick auf notwendige gesellschaftliche Unterstützung in Form von Ressourcen sowohl finanzieller als auch personeller Art.
Als Gemeinschaft müssen wir unsere hart erkämpften Errungenschaften unermüdlich verteidigen. Andernfalls riskieren wir, in eine Vergangenheit zurückzufallen, die niemand von uns jemals wieder erleben möchte – ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte. Insbesondere als queere Person spüre ich eine wachsende Furcht, dass wir erneut in Zeiten der Unterdrückung und Ausgrenzung für queere Menschen zurückfallen könnten. Es ist entscheidend, dass wir wachsam bleiben und gemeinsam für die Bewahrung unserer Rechte und Freiheiten einstehen.
P.S.: Bitte unterstützt mich bei meiner Spendenkampagne (https://gofund.me/6d4c4af8), damit ich meinen Kampf weiterführen kann und somit nicht eines Tages wie in paar Monaten doch ins Gefängnis lande. Wer noch bisschen mehr Geld übrig hat, kann gerne für die neugegründete queere diversitätsfreundliche Klimagerechtigkeitsbewegung Queermany spenden (https://gofund.me/624ba6f3) oder auch gerne für für den Fond der bewegungsübergreifenden Rechts- und Emo-Support-Verein RAZ e.V. (https://chuffed.org/project/109464-penelope-ist-frei-klimaaktivistinnen-vor-dem-knast-bewahren-raz-notfallfonds-auffullen).