Rechtsruck, Klimakrise und Queerfeindlichkeit: Meine Ängste und der Kampf für eine gerechtere Zukunft
Heute möchte ich über den Rechtsruck sprechen und wie mich die Wahlergebnisse der letzten EU-Wahl überrascht haben. Es erstaunt mich bis heute, wie rechts und konservativ die Bevölkerung gewählt hat. Besonders schockierend ist, dass in manchen Bundesländern zwei Drittel der Wählerinnen und Wähler rechte und stark konservative Parteien unterstützten, während SPD, Linke und Grüne zusammen nur auf 18 Prozent kamen.
Ich lese Berichte darüber, wie AfD-Politiker*innen gezielt gemeinnützige Vereine angreifen, die sich gegen Rechts einsetzen und die Demokratie fördern. Diese Vereine müssen dann oft kostspielige und zeitaufwendige rechtliche Verfahren, unter anderem mit den Finanzämtern, führen. Zudem erfahre ich, dass die AfD im Osten nach den Landtagswahlen vermutlich linke und queere Projekte finanziell austrocknen will und Lehrer*innen sich bereits darauf vorbereiten, dass die AfD im Herbst Ministerien übernehmen könnte.
Vor der EU-Wahl fühlte ich mich in Deutschland wie in der Weimarer Republik: Die Regierungsparteien kommen nicht voran und sind zerstritten, während der rechte Rand immer mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Dazu kommt noch der Ukraine-Krieg, der die reale Kriegsgefahr in Osteuropa durch Putin deutlich macht. Krieg in Europa, instabile politische Lagen, eine ineffektive Regierung und extrem erstarkende rechte Parteien, die Dinge sagen, die eigentlich für ein Parteienverbot ausreichen würden – all das kannte ich früher nur aus Geschichtsbüchern.
Ich erlebe auch, wie Jüd*innen in Deutschland wegen antisemitischer Angriffe ihre Geschäfte selbst in Berlin schließen und nach Israel auswandern. Auch das kannte ich bisher nur aus der Geschichte.
Meine größte Angst ist jedoch, dass die Ampelregierung so weitermacht, der Aktivismus bzw. die Zivilgesellschaft es nicht schaffen, gegen den Rechtsruck zu gewinnen, und wir spätestens im Herbst 2025 eine neue Regierung aus CDU und AfD haben. Wer glaubt, das sei unmöglich, sollte nach Thüringen schauen. Dort kommen Aussagen, man würde eher mit der BSW eine Regierung bilden als mit den Linken. Die BSW ist nicht nur transfeindlich, sondern sieht auch eher die Interessen Putins als die der Osteuropäer. In der AfD haben wir ja bereits gesehen, wie stark die Verbindungen nach Russland sind und dessen Geldförderung.
Dagegen erscheint mir die eskalierende Klimakatastrophe momentan als die kleinere Sorge. Denn wenn wir eine rechte Regierung haben, werde ich als queere Transfrau nicht nur Angst haben müssen, dass man mir das Leben schwer macht, sondern auch, dass all die erkämpften Rechte für solche Personengruppen wieder weggenommen und diese Gruppen schrittweise zu unerwünschten Personen erklärt werden. Übrigens sind queere Personen die letzten Verfolgten des Nazi-Reichs, die nicht vom Grundgesetz geschützt sind. Nur wenn queere Personen per Grundgesetz Rechte haben, können erkämpfte Rechte vielleicht noch bestehen. Doch vergesst nicht, dass die Nazis 1933 nur zwei Monate brauchten, um aus der Demokratie eine Diktatur zu machen. Selbst wenn es heute eher ein bis zwei Jahre dauern würde und anfangs nur Gruppen wie queere Personen hart trifft, dürfen wir das nicht mehr ignorieren.
Aktuell versuche ich, die verschiedenen Kämpfe – Klimaleugnung, Rechtsruck und Queer- plus Frauenfeindlichkeit – miteinander zu verbinden und die neue queer-feministische Klimagerechtigkeitsbewegung Queermany voranzubringen. Das ist jedoch keine einfache Aufgabe. Viele Menschen verstehen nicht, dass wir das Klima nicht retten können, wenn wir eine rechte Regierung nicht rechtzeitig verhindern. Dies wird mir oft bewusst, wenn ich mit einigen Aktivist*innen spreche, die sich hauptsächlich auf die eskalierende Klimakatastrophe konzentrieren. Zwar bekomme ich auch Zuspruch aus der generellen Klimagerechtigkeitsbewegung, doch wenn es darum geht, wer wirklich aktiv werden will, sieht es eher mau aus. Aber vielleicht reagiere ich als queere Person bei sowas einfach halt empfindlicher und sehe es mit einen anderen Blick.
Auch ein alleiniger Kampf gegen Rechts wird scheitern, wenn wir die sozialen und gesellschaftlichen Aspekte wie sozialen Wohnungsbau oder Teilhabe ignorieren. Wir müssen eine schlechte Regierung durch eine starke Zivilgesellschaft zu mehr Handeln bringen. All diese Kämpfe müssen verbunden werden. Ich hoffe sehr, dass die Menschen dies irgendwann verstehen. Ich habe erkannt, dass ich nicht mehr nur die eskalierende Klimakatastrophe im Blick haben kann, sondern die verschiedenen Kämpfe verknüpfen muss. Daher setze ich mich nun fast vollzeit für Queermany ein, anstatt für die Letzte Generation. Ich hoffe, dass mir weitere Menschen folgen und Queermany unterstützen – das wäre zumindest ein positiver Lichtblick inmitten der vielen negativen Nachrichten und würde meinen Druck und meine Angst verringern.
Wenn du dir wie ich Sorgen über den Rechtsruck machst und nicht nur klassischen Klimagerechtigkeitsaktivismus betreiben möchtest, melde dich bei Queermany – ob über unsere Social-Media-Profile oder per E-Mail. Gemeinsam können wir die verschiedenen Kämpfe bewegungsübergreifend angehen. Dieser Artikel entstand während einer Phase, in der es mir wegen allem besonders schlecht ging und ich meine täglichen Ängste einmal offen zeigen wollte.