Einer meiner emotionalsten Tage – ich erkenne mich kaum mehr!
Ich erkenne mich kaum mehr. Nicht nur die Zeit während den letzten Blockaden in Berlin haben mich massiv verändert, sondern die Zeit danach umso mehr. Ich hatte nach der Berlin-Phase eine Therapiesitzung und heute. Krass, wie ich mich stark verändert habe und mein Leben massiv verändere und auch krass, was ich in meiner vorerst letzten Therapiesitzung sagte. Die heutige Therapiesitzung machte mir einiges klar.
Und dann noch die Ereignisse am Donnerstagabend und Freitagfrüh. Erst drohte einer Aktivistin verlängerter Gewahrsam, dann ein Tag darauf sogar U-Haft. Ich kenne sie persönlich. Selbst rechnet man immer mit verlängerten Gewahrsam und komme damit durch viele Techniken und einer neuen Lebenseinstellung sehr gut klar. Aber erschreckend, wie man reagiert, wenn andere Betroffen sind.
Auch heute beteiligte sich eine Aktivistin, die ich auch persönlich kenne und man sich gut versteht. Als ich dann hörte, ein:e Aktivist:in ertrug Verletzungen, erging es mir gleich mit meinen Emotionen. Vielleicht ein Segen und Fluch meiner Hormontherapie, seitdem reagiere ich bei einigen Sachen sehr empfindlich. Immerhin komme ich mit meinen Emotionen in manchen Bereichen, wie selbst in Gewahrsam zu kommen, sehr gut klar. Dank Buddhismus und Yoga-Übungen.
Aber auch eine weitere Erkenntnis aus der heutigen vorletzten Therapiesitzung:
Ich lerne nicht nur sehr viel über mich und arbeite stark an mich (wegen dem Aktivismus bei der Letzten Generation), sondern mein Aktivismus bei der Letzten Generation hat sich massiv verändert. So erkannte meine Therapeutin und ich, dass ich zurzeit keine Therapie brauche und dass ich in vielen Bereichen an mich gearbeitet habe. Und vom Bewundern von gewissen Aktivist:innen – welche all rechtlichen Risiken eingehen, zu, nun selbst zu diesen Menschen gehören.
Meine Therapeutin wollte mir auch klarmachen, dass alles sich summieren wird und ich am Ende nicht mit wenig Strafe rechnen kann. Da sagte ich, das ist mir klar, kenne meine rechtliche Lage und rechne je in 1–2 Jahren mit starken rechtlichen Konsequenzen.
Danach reagierte ich mit dieser Antwort, die mich selbst nach der Sitzung stark beschäftigt hat:
Mir ist klar, welche rechtlichen Konsequenzen auf mich zukommen und dass ich in 1–2 Jahren sogar mit Haftstrafen rechnen muss. Aber nicht zu handeln und Zuhause zu bleiben, ist für mich keine Option. Und da ich den Mut für diesen Hardcore-Aktivismus habe und andere nicht, muss ich vorwärtsgehen. Ansonsten würde es keiner machen. Auch, wenn ich schmerzliche Entscheidungen in meinem Leben treffen muss, aber die Klimakrise wird mittelfristig viel schmerzlicher für mich.
Danach war mir klar, ich habe den mentalen Punkt erreicht, mit den meisten Sachen im Hardcore-Aktivismus klarzukommen und sogar selbst bei Haft-Drohung nicht aufhören zu wollen. Und das man nun den Pfad eingeschlagen hat, wie die anderen Aktivist:innen, Aktivismus bis notfalls man in Gefängnis muss zu machen. Es ist erstaunlich, wie ich mich vor, während und nach der Berlin-Phase geändert habe. Nicht mal für Feiern oder groß meine wenigen Freundinnen besuchen, habe ich kaum mehr Zeit. Nur noch eins ist mir wichtig.
Seitdem die eine Aktivistin U-Haft angedroht bekommen hat, war mir auch klar, dass es am Ende vielleicht schneller kommen könnte, als man sich vorstellen könnte. Ab diesem Zeitpunkt und mit der heutigen Therapiesitzung erkannte ich, auf was ich mich schnell vorbereiten muss: Auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Denn meine Priorität bleibt dabei: Friedlicher Widerstand, bis die Regierung das Leben aller Generation schützt. Selbst dann, wenn ich dafür ins Gefängnis lande. Ich kann einfach nicht anders.